Cover von Martha auf dem Schwein: Eine alte Frau reitet auf einem Schwein durch ein goldgelbes Getreidefeld mit Kornblumen.

Doris Bewernitz

"Martha auf dem Schwein"

 

Taschenbuch, 112 Seiten

ISBN: 978-3-946185-10-9

 

Erinnerungen an ein ausgefülltes Leben mit Freundinnen, Apfelbäumen, Krieg, Liebe, Kornblumen, dem ersten Kleid -
und dem glücklichsten Tag in Marthas Leben.

 

Rezensionen:

 

 

 


Leseprobe

 

Ein blutjunges Mädchen trat an ihr Bett.

Höchstens sechzehn.

Sie hatte rote Haare. Zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Sie trug Ohrringe mit goldenen Anhängern.

Und sie hatte Sommersprossen. Sehr viele.

Auf den Wangen und auf der Nase. Im ganzen Gesicht.

 

Sie sah fröhlich aus.

Sie gefiel Martha.

Sie sagte: „Oma Martha, darf ich dich was fragen?“

Das war ganz lieb gesagt.

Martha bekam gleich gute Laune davon.

 

Gerne hätte sie das Mädchen mit seinem Namen angesprochen.

Sie dachte nach. Wie es heißen könnte.

Ob sie es schon einmal irgendwo gesehen hatte.

 Sie bekam davon fast einen Knoten im Kopf.

Es fiel ihr nicht ein.

Deshalb sagte sie einfach: „Ja.“

Da fragte das Mädchen:

„Sag mal, woran erinnerst du dich eigentlich am liebsten?"

 

War das eine tolle Frage!

Viel besser als all die Pralinenschachteln, Bilder und Folienblumen.

Diese Frage war das schönste Geburtstagsgeschenk für Martha.

Ein Geschenk ganz ohne Schleife und Geschenkpapier.

Eine Frage. So eine schöne.

Woran erinnerst du dich am liebsten?

 

Martha erinnerte sich nämlich oft.

Weil sie schon viel erlebt hatte.

Und weil sie nicht mehr so leicht vorwärts denken konnte.

Da dachte sie eben lieber rückwärts.

Sie verbrachte viel Zeit damit, sich zu erinnern.

Da kamen auch Sachen zum Vorschein, die gar nicht schön waren.

Der Krieg zum Beispiel.

Deswegen wollte sie manchmal lieber schlafen.

Und sich nicht erinnern.

 

Martha lächelte. Welch eine schöne Frage.

Am liebsten … am liebsten …

Sie überlegte.

Woran erinnerst du dich am liebsten?

Es war gut, darüber nachzudenken.

Dem Mädchen eine Antwort zu geben.

Die richtige Antwort natürlich.

Ihr musste etwas einfallen, das durch und durch schön gewesen war.

Ihr fielen viele schöne Sachen ein, die sie mal erlebt hatte.

An die sie gern dachte.

Wie sie ihr erstes Kind auf dem Arm gehalten hatte, zum Beispiel.

Sie war so glücklich gewesen!